Funeral of Pain

„Ich find nur die Vorstellung lustig, dass es noch mehr Leute mit solchen Splittern gibt und ich keine Ahnung davon hatte - bis jetzt versteht sich.“, erklärte Soren und musste bei dem Gedanken noch ein bisschen breiter grinsen.
„Sag mal, Keira, kann es sein, dass du wirklich nur wegen Leuten wie mir und dir herumreißt oder steckt da mehr dahinter?“, fügte der Grauhaarige schließlich noch hinzu - allerdings schon fast so ernst wie vorher.

„Jaa… nee… also eigentlich…“, druckste sie herum.
„Ich bin mir nicht ganz sicher - und ja, ich weiß, das klingt jetzt total bekloppt - aber es gibt in letzter Zeit immer mehr Vermisstenfälle auf Tsukihi. Auf mysteriöse Weise verschwinden einfach Leute und werden nicht mehr gefunden. Und ich befürchte, dass diese komischen Splitter was damit zu tun haben…“ Unbewusst legte sie ihre Hand auf den Splitter in ihrem linken Arm und wandte den Blick ab.

„Ahja… ich hoffe mal, dass du dich insofern irrst, dass diese Vorfälle nichts mit den Splittern zu tun haben…“, murmelte er zurück, schwang sich auf die Beine und hockte sich wieder vor das Feuer.
„Das würde nämlich bedeuten dass ich daran Schuld bin, dass meine Eltern damals verschwunden sind…“, fügte er hinzu, ließ sich auf den Boden plumpsen und wieder eine kleine Flamme auf seiner Hand tanzen.

Mitleidig muster Keira ihn von der Seite.
„Deine Eltern also auch…? Tut mir Leid…“, murmelte sie fast tonlos, aber in dem sonst stillen Wald gut verständlich. Inzwischen war es dunkel und sie musste feststellen, dass in dieser Nacht kein Mond schien, sie ohne das Feuer also aufgeschmissen gewesen wären. Schließlich gähnte sie tief.

„Schon gut. Ich komm ja auch so klar!“ Soren setzte sich wieder richtig vor Keira und grinste sie an, bis die Müdigkeit auch ihm ein tiefes Gähnen entlockte.
„Wollen wir nicht vielleicht schlafen gehen?“, schlug der Grauhaarige vor, stand auf und bot ihr die Hand zum Aufstehen an.

„Ich hab gerade ein Déjà Vu…“, meinte Keira schlicht, ließ sich aber aufhelfen. „Schlafen gehen ist aber eine gute Idee, ich bin total müde.“, erklärte sie dann und streckte sich nochmal. Seufzend setzte sie sich dann ein paar Meter vom Feuer entfernt an den Baum und wartete auf Soren.

Dieser griff sich seine Handschuhe, streifte sie schnell über und sprang anschließend zurück auf den Ast. Dort legte er sich seinen Mantel wieder so über, dass er als Decke fungierte, schaute aber schnell noch einmal zu Keira runter.
„Schlaf gut, Keira.“, wünschte Soren ihr und machte es sich dann insofern gemütlich, dass er sich in seinen Mantel einkuschelte.

„Ja… okay, gute Nacht, Soren.“, lächelte Keira zurück und warf sich die Decke über, ehe sie sich ins Moos drückte. Ein Vogel - sie hatte keine Ahnung, welcher Vogel so dumm war und in der Nacht noch sang - zwitscherte auf und geleitete sie so in den Schlaf.

Am nächsten Morgen öffnete Soren gähnend die Augen und streckte sich einmal grummelnd. Dann rollte er seinen Mantel zusammen, stopfte ihn in den Rucksack , griff sich diesen und sprang von dem Ast runter. Seinen Rucksack legte er neben die erloschene Feuerstelle und hockte sich dann vor die schlafende Keira.
„Naaa…? Was hältst du denn vom Aufstehen, Keira?“, grinste er und tippte ihr gegen die Stirn.

Zögerlich öffnete sie erst das eine und dann das andere Auge und blinzelte den Grauhaarigen verschlafen an.
„Nisch besonders viel.“, nuschelte sie zur Antwort und kuschelte sich weiter ins Moos und in die Decke.

„Los! Komm! Ich will weiteeer!“, drängelte Soren lautstark, schwang noch schnell seinen Rucksack auf den Rücken und tapperte zu Keira zurück.
„Wenn du noch pennen willst, dann trag ich dich von mir aus auch - aber jetzt kohoomm!“, bot der Grauhaarige und an tippte ihr wieder grinsend gegen die Stirn.

Keira gähnte einmal ausgiebig, stupste seine Hand weg und streckte sich ausgiebig, ehe sie aufstand.
„Is ja gut, bin ja schon da…“, meinte sie schlicht und drückte Soren die Decke in die Hand.
„Aber wo gedenkst du denn jetzt, hinzugehen? Ich mein, ich hab ehrlich gesagt nichtmal eine Ahnung, in welchem Reich wir hier sind…“

„Seh ich so aus, als wüsste ich, wo wir hier sind?“, konterte er grinsend, während er die Decke in den Untiefen seines Rucksacks verschwunden ließ.
„Ich schlag vor, dass wir einfach erstmal in die nächste Stadt oder das nächste Dorf gehen und uns da ein bisschen Geld verdienen.“, endete Soren, schwand seinen Rucksack abermals auf den Rücken und grinste sie fröhlich an.

Nochmals streckte sich Keira ausgiebig, griff sich dann ihre Gürteltasche und holte die Karte hervor.
„Stadt… Stadt… hm…“, murmelte sie vor sich hin und fuhr wieder mit den Fingern über die Karte.
„Hab eine gefunden!“, erklärte sie schließlich wieder fröhlich und hielt Soren das Papier vor’s Gesicht. „Ist laut der Karte nicht besonders weit.“, meinte sie noch. „Aber sag mal, wie gedenkst du denn, Geld zu verdienen?“

„Das überleg ich mir dann da!“, flötete er knapp und musterte einen Moment lang die Karte.
„Alsoo… wo lang müssen wir jetzt?“, grinste Soren verlegen etwas verlegen. Wenn er die Fähigkeit besaß, eine Karte lesen zu können, dann war die tief - ganz tief - in seinem Gehirn vergraben.

Die Weißhaarige seufzte, nahm die Karte wieder runter und zeigte hinter sich.
„Da ist Norden. Webb wir also eine Weile da lang laufen, kommen wir irgendwann an die Küste und damit in die gesuchte Stadt.“, erklärte sie geduldig und packte das Papier wieder weg. Dann setzte sie wieder ein Grinsend auf, verschränkte ihre Arme hinter dem Kopf, drehte um und lief los.

„Aye!“, freute sich Soren und rannte Keira breit grinsend hinterher.
„kommen wir dann echt an die Küste?“, hakte er freudig nach, musste aber kurzzeitig abbremsen, da er Keira sonst fast wieder über den Haufen gerannt hätte.

„Sag mal“, begann Keira nach ein paar Minuten des Schweigens schließlich. „Ich weiß noch fast gar nichts über dich… Wie alt bist du eigentlich?“, fiel ihr ein. Fragend sah sie den Grauhaarigen von der Seite an.

„Ich bin 15. Dachtest du etwa, dass ich erst 12 oder so bin?“, grinste Soren Keira an, fügte aber noch hinzu: „Ich weiß auch nur, dass du Keira heißt. Also zumindest bist du nicht die Einzige, die kaum was weiß!“

Etwas perplex sah Keira ihn an.
„Ja… hast Recht, aber auf 15 hätt ich dich nun wirklich nicht geschätzt… egal. Ich bin jedenfalls 17 und komm aus einem kleinen Dorf mitten in Kasai.“, erklärte sie schlicht, „Allerdings fällt mir auch nichts groß ein, was ich dir noch über mich erzählen könnte…“, fügte sie hinzu.

„Na ja… ich hätte dich ja älter geschätzt!“, flötete er grinsend.
„Und ich komm… aus… ähm… Mizu! Aus einem kleinen Dörfchen mehr im westlichen Eck von Mizu!“, erklärte Soren, sobald ihn eingefallen war, woher her überhaupt kam.

Erneut - und wie recht oft in letzter Zeit - zog sie eine Augenbraue in die Höhe, ehe sie anfing zu lachen.
„Du bist total schräg drauf, Soren.“, meinte sie und lief fröhlich weiter.
„Warst du eigentlich schonmal am Meer, wenn du dich so freust? In Mizu gibt’s doch eigentlich viel davon… okay, im Westen nicht so ganz aber trotzdem…?“

„Ja, sogar schon ziemlich oft. Nur seit ich auf Reisen bin, hab ich das nicht mehr gesehen. Und da ich quasi am Meer aufgewachsen bin, will ich das natürlich wiedersehen.“, erklärte Soren fröhlich, aber doch ein bisschen wehmütig.
„Wie war’s eigentlich bei dir zu Hause? Oder gab’s keinen besonderen Anlass, dass du los bist?“, fügte der Grauhaarige neugierig hinzu.

„Jaa… nöö… eigentlich nicht.“, grinste sie fröhlich. „Ich bin halt einfach los.“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich freu mich schon auf’s Meer, da war ich ewig nicht mehr!“, freute sie sich dann.
„Dabei fällt mir ein: Warum bist du nicht am Meer gereist, wenn du es so gern hast?“

„Na ja… an der ganzen Küste waren Dörfer und die Leute mochten mich nicht besonders. Deswegen hab ich nach einiger Zeit meinen Kurs geändert und bin ins Landesinnere gewandert.“, erklärte er und flog fast über einen Stein, der sich unverschämter Weise auf seinem Weg niedergelassen hatte, sodass er sich an Keira festklammern musste.

Donnernd küsste sie schon zum zweiten Mal in zwei Tagen den Waldboden.
„Au.“, stellte sie nüchtern fest und rappelte sich wieder auf.
„Alles okay bei dir, Soren?“, fragte sie den Grauhaarigen vorsichtig und rieb sich selbst die schmerzende, linke Wange.

„Okay… wenn du meinst…“, nickte Keira zögerlich und zuckte zusammen, als sie aufstehen wollte.
„Au… ich bin umgeknickt…“, stellte sie fest und legte ihre kalte Hand auf ihren Knöchel, ehe sie sich vorsichtig wieder hochstemmte, sich aber nur auf einen Fuß stützte. Entschuldigend lachte sie Soren an.

„Okay… wenn du meinst…“, nickte Keira zögerlich und zuckte zusammen, als sie aufstehen wollte.
„Au… ich bin umgeknickt…“, stellte sie fest und legte ihre kalte Hand auf ihren Knöchel, ehe sie sich vorsichtig wieder hochstemmte, sich aber nur auf einen Fuß stützte. Entschuldigend lachte sie Soren an.

„Du kannst doch aber so nicht laufen!“, befand Soren lautstark. Schnell drehte er seinen Rucksack, sodass sein Rücken frei war und hockte sich vor Keira.
„Komm! Ich trag dich Huckepack!“

„Meinst du, dass du das schaffst?“, wandte Keira unsicher ein und sah ihn fragend an, während sie sich gegen den nächsten Baum lehnte. „Immerhin… ich meine… bin ich dir nicht zu schwer?“

„Ach, Quatsch - Ich schaff das schon!“, grinste Soren über seine Schulter und tippte ihr bedeutungsvoll gegen das linke Knie.
„Los jetzt, sonst sitzen wir noch in drei Jahren hier rum!“

„Ähm… okay…“ Zögerlich humpelte Keira zu dem Grauhaarigen und krakselte auf seinen Rücken.
„Wirklich sicher dass das okay geht? Ich meine, ich schaff es auch sicher, dir so hinterher zu kommen…“, murmelte sie angeschlagen.

„Wie oft soll ich dir das noch sagen, Keira?“, fragte Soren vorwurfsvoll und erhob sich vom Boden. Er hüpfte einmal, damit Keira auf seinem Rücken hochrutschte.
„Ich schaff das schon!“, flötete er, „Außerdem will ich ins nächste Dorf!“, und lief los.

„Wackel nicht so!“, murrte Keira in sein Ohr und hielt sich noch etwas stärker an ihm fest. „Da wird mir ganz schlecht…“ Mit geschlossenen Augen drückte sie ihren Kopf auf Sorens Schulter. „Hab ich schonmal erwähnt, dass ich Seekrank bin?“

„Oh, tut mir Leid.“, entschuldigte sich Soren kleinlaut und verlangsamte sofort seinen Schritt. Er ging zwar weiter, sah aber über seine Schulter zu Keira.
„Geht’s jetzt wieder? Zumindest so ein bisschen?“

Keira antwortete nicht. Schmatzend rückte sie ihren Kopf zur Seite. Tief und fest war sie im Traum versunken - eine natürliche Abwehrreaktion von ihr. Sie war schon viel auf Schiffen und Booten gereist, hatte aber immer die Reise verschlafen, weil sie sonst nur über der Reling gehangen hätte…

Soren dagegen grinste noch einmal über seine Schulter und richtete dann seinen Blick auf den mehr oder weniger vorgetrampelten Pfad. Ein paar Wurzeln rankten sich kreuz und quer und auch auf ein paar unverschämt tief hängende Äste musste er achten.

Die Nase rümpfend öffnete Keira die Augen wieder. Es roch brutalst nach Salz und außerdem schrien Möwen.
„Sind wir da…?“, hakte sie nach und sah verschlafen vor sie auf den Weg.

„Na ja, fast! Da vorne ist eine Stadt!“, erklärte er dauergrinsend und deutete nach vorne. Er hüpfte noch einmal in die Höhe, im sein ‚Gepäck‘ etwas zurecht zu rücken und tappte dann fröhlich weiter.

Nach ein paar Minuten kamen sie schließlich in der Fischerstadt an. Überall riefen die Marktschreier und priesen ihre Ware an und überall wurde Fisch verkauft.
„Ich mag keinen Fisch…“, stellte Keira fest und machte Anstalten, von Sorens Rücken zu steigen.

„Nichte ist! Du bleibst schön auf meinem Rücken!“, protestierte er, hielt ihre Beine fest und lief schnell los, damit sie nicht einfach absprang.
Erst innerhalb der Stadt lief er wieder etwas langsamer - zu seinem Glück, da er so noch ganz knapp vor einer Gestalt inner halten konnte, die er sonst umgerannt hätte.

„Meine Güte, ist es dein Hobby, Leute umzurennen?“, fragte Keira grinsend und besah sich das beinahe-Opfer. Ein junger, rothaariger Mann - auf keinen Fall viel älter als sie - der sie wohl noch gar nicht wirklich bemerkt hatte.

„Eigentlich nicht…“, grinste Soren ein bisschen verlegen, richtete seinen Blick dann aber auf den Rothaarigen vor ihm.
„Hi, ähm…“, brachte der Grauhaarige stockend hervor, bis er sich für die etwas höflichere Variante des Kennenlernens entschied.
„Ich bin Soren - Soren Aoi Nara! Hi!“
Mit einer schon kalten Bewegung drehte sich der Rothaarige um und musterte Soren aus herablassend schauenden, roten Augen.
„Angenehm.“, konterte er knapp, drehte sich um und machte Anstalten zu gehen.

„Hey!“, schrie Keira ihn sofort an, „Sei mal nicht so unfreundlich, Soren hat sich immerhin höflich vorgestellt!“
„Ichigo, bist du hier irgendwo?“, ließ eine Stimme sie herumfahren. Ein blondes Mädchen kam aus einer Seitenstraße gelaufen, richtete als Erstes ihr schwarzes Kleid und trat dann zu den dreien.
„Guten Tag.“, meinte sie sofort höflich zu Soren und Keira und verbeugte sich flüchtig.
„Tag.“, gab die Weißhaarige genauso freundlich wie der fremde Rothaarige zurück.

„Wo warst du, Jeanne? Ich hab dich gesucht.“, gab Ichigo miesepetrig an das blonde Mädchen zurück, strich kurz über seine Maske, die die ganze untere Hälfte seines Gesichtes verdeckte, und wandte sich wieder an Keira und Soren.
„Wir müssen weiter. Auf Wiedersehen.“, beendete er zumindest etwas höflicher und warf Jeanne einen bedeutungsvollen Blick zu.

„Ähm…ja, wiedersehen!“ Erneut verbeugte sich Jeanne flüchtig und lief dann Ichigo hinterher.
„Tse…lieber nicht…“, murmelte Keira muffig.
„Soo…“, wandte sie sich schließlich an Soren, „Jetzt sind wir in der Stadt, höchste Zeit zum Überlegen, wie wir Geld verdienen.“

„Wenden wir uns also wieder unserer Aufgabe zu.“, begann Ichigo seufzend und drehte einmal mit den Armen, um das unangenehme Ziehen zu vertreiben, dass ihn seit der Begegnung mit Soren plagte.
„Wo wollen wir anfangen zu suchen? Ich schlag ja vor, dass wir vorläufig in den Gasthäusern rumfragen, oder was meinst du, Jeanne?“

Verwirrt sah Jeanne ihn an.
„Wenn du das so sagst machen wir das so.“, stimmte sie nickend zu.
„Sag mal, hast du irgendwas? Du wirkst so verspannt.“, meinte sie schließlich mit einem leicht besorgten Unterton. Dann deutete sie neben sich auf ein kleines Haus.
„Das ist ein Gasthaus.“, kommentierte sie und blieb stehen.

„Ach…Mir ist einfach nur ein bisschen komisch.“, winkte Ichigo ab und wandte seinen Blick dann auf das besagte Gasthaus.
„Na schön. Fangen wir dort an.“, stimmte er zu und betrat das pubähnliche Lokal.

Ein paar Minuten später standen sie auch schon wieder auf der Straße - allerdings waren sie keinen Deut schlauer als vorher.
„Die waren aber freundlich.“, stellte Jeanne glücklich fest und deutete die Straße runter.
„Dahinten ist das Nächste.“, kommentierte sie und lief los.